Liebe pflegende Angehörige, dieses Gedicht haben wir eigens für Sie dichten lassen!
Verschwommene Wellen wiegen
in zart verzerrten Zeiten,
verklärte Idyllen schmiegen
an einsam verlorenen Seiten.
Noch einmal weht das Leben
vorbei an seiner grausigen Qual.
Ein Traumbild von Theben
der finsteren Stadt im heidnischen Tal.
Ein beklemmendes Gefühl,
ein seichter Hauch von Verzweiflung,
das verbotene Kalkül
umschließt den ewigen Geist.
Verstehe. Verstehe doch.
Einsam, traurig, so verlassen,
ein wenig Wärme für mein Herz.
Ich bettle euch doch an, ihr Massen,
ihr Menschen, Liebe lindert meinen
Schmerz.
Geschwind, nun los!
Hast du denn vergessen?
Ein Funkeln, ein Glitzern von
Wahrhaftigkeit,
mein Zuhause komm‘ zu mir!
So vertraut und rein wie die Geborgenheit
ertränk‘ ich meine Sorgen in dir.
Ich seh‘ sie schon,
vor dem Hause spielend,
tollend auf der heimischen Wiese.
Mir geht es doch so schlimm!
So nimm mich in den Arm,
damit ich mich nicht verlier‘!
Ein Betteln um Liebe,
falsch verstanden
in der endlos einsamen Steppe.
(Autor: Tim Daldrup)
„Lass mich in deiner Erinnerung sein, wie ich war und akzeptiere mich, wie ich jetzt bin!“
Die Demenzerkrankung geht ab einem gewissen Punkt immer damit einher, dass der Erkrankte seine Angehörigen und oder sein Zuhause nicht mehr erkennt. Das hat mit dem Krankheitsverlauf zu tun. So schwer dies auch ist, Sie sollten die Krankheit Ihres Angehörigen annehmen und ihn aus seiner früheren „Rolle“ oder Ihrem „Bild“ entlassen.
Sie können das gewohnte Bild in Ihrer Erinnerung behalten, aber Ihren Angehörigen sollten Sie nun nehmen, wie er oder sie „jetzt“ ist. Sie sollten diese Situation akzeptieren. Es ist nicht immer leicht, doch es eröffnet eine Chance, gemeinsam einen neuen, leichteren Weg zu gehen. Begegnen Sie Ihrem Angehörigen auf gleicher Ebene. Wenn Sie z. B. in den Augen des Erkrankten nicht mehr die Tochter, sondern die Nachbarin sind, dann diskutieren Sie nicht mit ihm oder ihr darüber (er kann es nicht mehr verstehen). Nutzen Sie lieber den Moment für Gemeinsamkeiten. Nehmen Sie Ihren Angehörigen in den Arm oder schwelgen Sie in Erinnerungen aus Ihrem gemeinsamen Leben. Gönnen Sie sich genügend Zeit zum Zuhören und Reden.
Das können Sie tun:
Was tun bei Nichterkennen von Personen?
Was tun bei Nichterkennen des eigenen Zuhauses?
Was tun bei Anschuldigungen?
„Gib mir einen geregelten Tagesablauf, dann störe ich nicht deinen Schlaf!“
Ein Grund für den gestörten Tag-Nacht-Rhythmus sind die deutlich verlangsamten Gehirnströme der Betroffenen bei fortgeschrittener Demenz. Diese Verlangsamung führt dazu, dass die Betroffenen tagsüber vermehrt müde sind und öfter einschlafen. Dies sind Folgen des hirnorganischen Abbaus des Gehirns. In diesem Zusammenhang kommt es durch das vermehrte Dösen und Schlafen des Menschen mit Demenz dazu, dass er nachts nicht durchschlafen kann und längere Wachzeiten hat – demzufolge tagsüber wieder vermehrt müde ist und schläft.
Ferner wird der Schlaf-Wach-Rhythmus durch eine Gehirnregion gesteuert, die bei einsetzender Dunkelheit am Abend die Ausschüttung von Melatonin anregt. Dies wirkt einerseits schlaffördernd, anderseits regelt es auch durch ein bestimmtes Hormon die Schlaftiefe. Dieser Regulationsmechanismus ist bei Menschen mit Demenz gestört.
Wenn der Betroffene nachts sehr unruhig war, oft aufgestanden ist, sich vielleicht mehrmals wieder angezogen hat, ist er natürlich tagsüber müde. Angehörige haben dann oft ebenso eine gestörte Nachtruhe und sind froh, wenn der Betroffenen tags- über mal schläft. Dies aber ist ein Teufelskreis, da er dann zum Abend und zur Nacht wieder ausgeruht ist.
Das können Sie tun:
Was tun bei nächtlicher Unruhe?
„Verbessere mich nicht, das macht mich nur wütend!“
Diese Verhaltensweisen sind in der Demenz begründet, doch haben sie oft noch einen anderen Grund. Versuchen Sie, die Auslöser zu erkennen, indem Sie sich die Lebensgeschichte (Biographie) des Menschen mit Demenz näher anschauen und nach sogenannten Schlüsselerlebnissen suchen. In der Regel sind es prägende Erlebnisse, beispielsweise Kriegserfahrungen, die im Erkrankten wieder aufleben und ihm in diesem Moment real erscheinen.
Es besteht also eine für ihn wirkliche Situation, die Angst, Wut, Zorn usw. hervorrufen kann. Deshalb ist es wichtig, die Biographie des Erkrankten zu kennen, damit Sie in dieser Situation richtig handeln können. Das schützt Sie als pflegenden Angehörigen und hilft dem Menschen mit Demenz aus seiner Not. Durch Beschäftigung und Bewegung kann solchen Situationen vorgebeugt werden: So werden Anspannungen abgebaut und die betroffenen Personen auf andere Gedanken gebracht. Es kann jedoch vorkommen, dass der Erkrankte trotzdem in diese Verhaltensweisen verfällt. Was Sie dann tun können, entnehmen Sie der folgenden Handlungsempfehlung.
Das können Sie tun:
Allgemeines
Ständiges Wiederholen
„Wenn ich ‘nur‘ dasitze, in meiner Welt und meinen Gedanken, dann halte an und schenke mir deine Nähe und Zuwendung“
Im späten Stadium der Demenz kann es zu einem hochgradigen geistigen Abbau kommen, die Sprache wird unverständlich und kann ganz verlorengehen (Verstummung). Die Alltagskompetenz geht verloren und die körperliche Pflege tritt für den pflegenden Angehörigen in den Vordergrund. Handlungsabläufe können nicht mehr durchgeführt werden. Die Gelenke werden steif und viele Betroffene können ohne Hilfe nicht mehr gehen. Der oder die Erkrankte ist unfähig, eine minimale persönliche Hygiene aufrechtzuerhalten (Urin- und Stuhlinkontinenz); er ist gänzlich abhängig – selbst das Schlucken gelingt kaum noch.
In dieser Phase kehrt in der Regel etwas Ruhe in der familiären Pflege ein – Phasen der Rastlosigkeit und Unruhe des Betroffene sind vorbei. Doch der psychische Druck der pflegenden Angehörigen wird dadurch nicht geringer, denn jetzt fangen viele Angehörige an nachzudenken, inwieweit sie alles richtig gemacht haben und wie es weitergehen soll.
Das können Sie tun:
Diesen Lebensabschnitt könnte man auch Zeit des langsamen Abschiednehmens und auch Zeit des Loslassens nennen. Versuchen Sie, schöne Momente für sich und Ihren Angehörigen zu schaffen.
„Lass mich laufen und schütze dich und mich vor Gefahren!“
Im Verlauf vieler Demenzerkrankungen tritt eine Phase gesteigerter Unruhe, Nervosität und Laufzwang auf. Je nach Persönlichkeit und Situation des Erkrankten kann dies in unterschiedlicher Weise in Erscheinung treten. Manche Erkrankte sind einfach unruhig, laufen ziellos umher oder suchen unentwegt etwas. Andere wiederum laufen dem Angehörigen hinterher, wirken rastlos und wiederholen bestimmte Sätze immer wieder.
Diese Unruhe ist für Angehörige schwer auszuhalten. Hinzu kommt, dass der Betroffene Gefahren nicht mehr einschätzen kann. Er läuft beispielsweise auf einer stark befahrenen Straße, geht im Winter ohne Jacke nach draußen, verläuft sich und findet nicht nach Hause. Der Betroffene hat zudem ein erhöhtes Sturzrisiko.
Das können Sie tun:
„Ich mach das alles doch nicht extra!“
Es gibt viele Situationen, die das Zusammenleben mit einem demenzkranken Menschen schwierig machen. Im Folgenden werden Beispiele aufgeführt, die häufig vorkommen:
Das alles macht der Mensch mit Demenz nicht mit Absicht und es ist auch nicht persönlich gemeint, es ist eine Auswirkung der Erkrankung. Darum sollten Sie es auch nicht persönlich nehmen. Es ist gut, wenn man in so einer Situation die Ruhe bewahrt und die Ursache oder den Auslöser sucht.
Aufgrund dieser Verhaltensweisen empfinden die pflegenden Angehörigen das Zusammenleben als sehr belastend. Doch kann man durch Information und Verhaltensänderung der pflegenden Angehörigen viele Situationen besser bewältigen.
Oft können diese durch vorbeugende Maßnahmen des Pflegenden verhindert oder abgemildert werden. Dies führt sowohl für den pflegenden Angehörigen als auch für den Betroffenen zu mehr Lebensqualität.
Das können Sie tun:
Was tun bei Nichterkennen von Gegenständen?
Was tun bei Beschuldigungen?
Was tun bei unpassendem Verhalten?
Was tun bei Kotschmieren/Inkontinenz?
„Wenn mein Geist mich in die Irre führt, dann sei nicht traurig, sondern gib mir Halt!“
Um diese Sinnestäuschungen voneinander zu unterscheiden, ist folgendes Beispiel hilfreich: Wenn ein betroffener Ehemann seine Ehefrau sieht und diese für seine Mutter hält, handelt es sich um eine illusionäre Verkennung. Sieht er dagegen seine Mutter neben sich auf dem Sofa sitzen, obwohl er allein im Wohnzimmer ist, hat er eine optische Halluzination. Wenn er überzeugt ist, dass er von fremden Menschen bestohlen wird, die zu ihm in die Wohnung kommen, dann hat er Wahnvorstellungen. Diese Wahnvorstellungen sind häufig mit tiefen Ängsten verbunden. Wahrnehmungsstörungen kommen in einer Demenz oft vor.
Versuchen Sie zu erklären und zu beruhigen, ohne den Wahrheitsgehalt der Aussagen des Betroffenen in Frage zu stellen. Ruft der Betroffene zum Beispiel nach seiner Mutter, obwohl diese schon seit Jahrzehnten verstorben ist, hilft es nicht, ihm zu erklären, dass seine Mutter schon lange tot ist. Besser ist, zu schauen, was der Betroffene damit ausdrücken will, zum Beispiel: “Du vermisst deine Mutter!“, „Du fühlst dich allein!“
Das können Sie tun:
„Höre nicht immer, was die Leute sagen, sondern nimm mich lieber in den Arm und hab mich lieb! Das gibt mir Halt!“
Über Sexualität im Alter wird oft nur mit vorgehaltener Hand gesprochen. Sexualität in Verbindung mit Demenz ist ein noch größeres Tabuthema und dazu noch mit Peinlichkeit behaftet. Doch ist es für viele Angehörige häufig ein schmerzhafter Verlust, die Sexualität nicht mehr ausleben zu können.
Viele pflegende Ehepartner hätten gerne weiterhin eine sexuelle Beziehung mit ihrem demenzkranken Partner. Jedoch entstehen leicht Schuldgefühle („Ist es in Ordnung, wenn ich ihm noch näher komme oder bin ich selbstsüchtig?“). In unserer Gesellschaft wird Sexualität oft nur auf Geschlechtsverkehr reduziert, doch Sexualität hat viele Facetten. Dazu gehört auch der Wunsch nach Nähe und Zärtlichkeit, um so Liebe und Trost zu vermitteln. Dies gibt dem Paar Halt und Geborgenheit in einer Lebensphase, die stetig mit Verlusterfahrungen und Ängsten einhergeht.
Bei einer frontotemporalen Demenz ist sexuelle Enthemmung mit einer selbstüber- fordernden Triebhaftigkeit Ausdruck des Krankheitsbildes. Dies führt dazu, dass der Erkrankte sich anders verhält als Sie es gewohnt sind. Er kann seinen Sexualtrieb nicht mehr bewusst kontrollieren.
Hier ist es notwendig, moralische Grenzen zu überwinden, wenn es beiden in der Beziehung gut tut; aber auch Grenzen zu setzen, wenn der Sexualtrieb des Erkrankten oder des Angehörigen als belastend empfunden wird. Sobald einer von beiden sich überwinden muss, sollte man genau prüfen, wie weit man gehen möchte oder gehen kann. Um das Zusammenleben weiterhin so angenehm wie möglich zu gestalten, raten wir Ihnen, dieses Empfinden ernst zu nehmen und sich gegebenenfalls abzugrenzen.
Das können Sie tun:
Es kann nötig sein, dass Ihr Angehöriger Möglichkeiten braucht, seinen Bedürfnissen nachzugehen.
Was tun bei vermehrtem Bedürfnis nach Zärtlichkeit?
Was tun bei Selbstbefriedigung bei Menschen mit Demenz?
Sexualität als pflegender Partner oder pflegende Partnerin zulassen?
Geben Sie nur Nähe, die Ihnen möglich ist, ziehen Sie ggf. aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus!
Was tun bei sexueller Hemmungslosigkeit von Menschen mit Demenz?