Rollen und Erwartungen

Eine Pflegeperson hat durch die häusliche Pflege neue Rollen zu erfüllen, die durch Erwartungen von außen (Kinder, Verwandtschaft, Nachbarn usw.) aber auch durch Erwartungen an sich selbst geprägt werden. Diesen Erwartungen vollständig gerecht zu werden, ist oft nicht möglich und wird häufig als Belastung von pflegenden Angehörigen empfunden. Darüber hinaus können sich Beziehungen sowie die eigene Lebensplanung verändern, was ebenfalls nicht selten als Belastung wahrgenommen wird.

Beispiele:

Rollen

… wenn die Ehefrau ihren Mann pflegt, sieht es häufig so aus:

Bisher hat der „Mann im Haus“ sich um alles gekümmert. Nun muss die Ehefrau neben ihren eigenen Aufgaben im Haushalt zusätzlich die Aufgaben ihres Mannes übernehmen, ihn pflegen und ihm eventuell in bestimmten Situationen Grenzen setzen. Sie muss alle Entscheidungen treffen und sich in viele Angelegenheiten neu einarbeiten (wie z. B. Bankgeschäfte) oder sich um anstehende Erledigungen kümmern(z. B. Heizöl bestellen). Hinzu kommt die Angst, Fehler zu machen oder den Alltag nicht mehr bewältigen zu können.

… wenn die Kinder die Eltern pflegen, sieht es häufig so aus:

Die Kinder sind es gewohnt, dass die Eltern immer für sie da waren und mit Rat und Tat zur Seite standen, sie beschützt und gestärkt haben. Jetzt ist es umgekehrt, nun tragen sie die Verantwortung. Viele pflegende Kinder haben Angst, Fehlentscheidungen zu treffen und die Pflege und Betreuung nicht gut genug auszuführen.

Rollenerwartungen

In Verbindung mit den Motiven steht die Frage nach Rollenerwartungen und dem Rollenverhalten pflegender Angehöriger.

Rollenerwartungen, die pflegende Angehörige an sich selbst stellen, und ebenso diejenigen, die von außen an sie herangetragen werden, bedeuten konkret, dass die Pflege oft entsprechend dem Zustand der früheren Beziehung erlebt wird. Die körperliche und emotionale Nähe, die in einer Pflegesituation entsteht, aktiviert häufig alte Verhaltensweisen und Gefühle. Emotionale Verstrickungen belasten pflegende Angehörige mindestens genauso wie die praktischen Anforderungen einer Pflegesituation.

Beispiel:

Eine Tochter pflegt ihren Vater seit einiger Zeit. Die Tochter ist verheiratet, hat einen dreijährigen Sohn und ist halbtags berufstätig. Nach einigen Monaten ist die Pflege des Vaters bereits immer zeitaufwendiger geworden. Jetzt muss die Tochter sich entscheiden, welche Rollenerwartungen sie mit den knappen Zeitressourcen erfüllen soll. Interessant ist, egal für welche sie sich entscheidet, sie wird in einen Rollenkonflikt kommen, da sie immer eine Rollenerwartung vernachlässigen muss.

Eine gute Organisation der häuslichen Pflege sowie eine individuelle Beratung zur Pflege und Bereuung und zur eigenen Selbstsorge, kann eine Überlastung vorbeugen.